Jetzt bin ich 48 Jahre alt geworden und musste meine erste ärztliche Untersuchung absolvieren. Jeder LKW Fahrer weiß, was ich damit meine. Das LKW fahren der Klasse C und E darf für weitere 5 Jahre erhalten bleiben. Für die gewerbliche Güterbeförderung wird auch eine C95 Qualifizierung benötigt. Damit ich in der Zukunft keine unterschiedlichen Fristen habe – mache ich die fünf vorgeschriebenen Module dazu.
Wieso will ich den LKW-Schein aufrecht lassen, wenn ich derzeit nicht fahre? Vielleicht am Arbeitsmarkt flexibel bleiben und die Option des LKW- Fahrers noch offen lassen? Kann ja sein, dass mich das Fahren „juckt“. Noch einmal die alten Erinnerungen aufleben lassen und einen LKW lenken. In zehn Jahren noch LKW fahren? Kaum vorstellbar!
LKW fahren – Motivation ist alles?
Was soll mich in Zeiten des „Just in Time“ bewegen, LKW zu fahren? Ein Job, wo man als Fahrer keinen artgerechten Parkplatz findet? Die Geldstrafen für Gesetzesüberschreitungen nicht in Relation des Einkommens stehen? Der Druck und die Gefahren auf den Straßen Europas gestiegen sind? Welche Motivation braucht ein Fahrer, einen LKW zu besteigen? Auf 3 m² tagelang von der Familie und Freunden getrennt unterwegs zu sein?
Vor 30 Jahren hat die Transportwelt noch komplett anders ausgesehen. Die LKWs waren mit umständlichen Planen ausgestattet. Die Motoren aus heutiger Sicht untermotorisiert. Der einzig vorgesehene elektronische Helfer war ein Zigarettenanzünder. Der Motortunnel dominierte in der Fahrerkabine mit einer gewaltigen Platzeinschränkung. Ein ebener Boden mit voller Stehhöhe und Stauraum war nicht mal ansatzmäßig angedacht. Das Ladevolumen hatte Vorrang.
Die Zeiten ändern sich beim LKW fahren
Jetzt könnte man meinen, für den Fahrer hat sich viel verändert. Hat es ja auch. So viel ausgereizten Arbeits- und Wohnplatz gab es für die Fahrer schon lange nicht mehr (ausgenommen Scania). Obwohl die Technik und die Elektronik für den Fahrer viele Erleichterungen bringen. Der Job an sich bleibt stressig. Der Fahrer ist im 21. Jahrhundert noch mehr fremdbestimmt. Was könnte mich da nochmal bewegen – ernsthaft meinen Job als Sozialarbeiter aufzugeben – in die Transportwelt einzusteigen?
An erster Stelle steht meine Begeisterung für LKW, Technik und Transport. Das Herz brennt für den Transport und die Herausforderungen auf Europas Straßen. Mir ist bewusst – in den letzten Jahren hat sich die Branche verändert. Ich fange wieder fast bei null an. Die alten Erfahrungen helfen da wenig weiter. Ohne Einschulung auf den LKW und Trailer stelle ich mir den ersten Arbeitstag stressig vor. Das Fahren habe ich nicht verlernt. Mit einem Sattelzug loszufahren – da fehlt mir in der ersten Arbeitswoche dennoch die Übung. Das kommt wieder mit der Zeit. Bürokratische Fragen sind im Kopf. In der ersten Zeit brauche ich garantiert die Unterstützung von Kollegen.
Der erste Arbeitstag soll diesmal anders sein
Ich möchte vom ersten Tag an eine gute Performance hinlegen. Diese Variante ist aber schwer möglich, weil zu viele Informationen einprasseln. Für die erste Zeit einen Coach an der Seite zu haben, ist für manche sicher lästig. Um den Einstieg optimal zu meistern – eine wertvolle Unterstützung.
Für die Ladungssicherung möchte ich alle relevanten und in Stückzahl benötigten Zurrgurte, Rutschmatten sowie Kantenschutz mitnehmen. Ladungen erhalten, welche für den Aufbau zugelassen sind. Einen Gehalt (kommt von gehalten werden) der einem Fahrer auch bei Arbeitsverlust oder Pensionsantritt nicht in die Armutsfalle bringt. Ein Lohn, der nicht oder kaum auf Diäten aufbaut. Eine menschlich gelebte Firmenphilosophie vom Geschäftsführer bis zur Reinigungskraft. Ein Leitbild das nur für das gute Gewissen an der Wand seinen Platz findet, ist nichts Wert.
Wunschvorstellung
Ich möchte meine Pause auf einen gesicherten Parkplatz verbringen können. Schon klar, dass dieser Wunsch auf Europas Straßen kaum möglich ist. Als Fahrer sind die Ansprüche sowieso minimalistisch. Der Fahrer hat eine 100- tausend teure Zugmaschine. Kann sich aber selbst nach der Arbeit nicht duschen. Ich hasse nichts mehr, als nach einer langen Fahrt, verklebt ins Bett zu gehen.
Wie klingt das für dich? Die Fahrzeit geht zu Ende und die Firma – oder eine Handy-App – lotst dich zum geeigneten Parkplatz. Das klingt doch echt stressfrei, oder?
Trotz bautechnischer Verbesserungen haben LKW noch immer keine ausreichende Möglichkeit, einen Tisch für das Essen anzubieten. Ich koche und schnipple gerne, aber wo geht das in der Kabine? Fahrzeughersteller bieten dieses Extra an, wird aber für Fahrer selten bestellt.
Selbstbestimmt und Selbstverantwortung
Ein LKW-Fahrer bringt meist die Eigenschaft mit, selbst bestimmt arbeiten zu wollen. Den Arbeitstag eigenverantwortlich und in Ruhe gestalten können. Das Profil als Einzelgänger aufweisen und dadurch eine besonders gute Arbeitsleistung hinlegen. Ohne diese Eigenschaften wäre der Transport von Gütern nicht möglich. Dieser Mut und die Begeisterung auf der Straße zu leben, ist von einem besonderen Schlag.
Leider ist diese Spezies – wie Cowboys – vom aussterben bedroht. Die Verschmelzung der körperlichen mit der elektronischen Variante wird immer deutlicher. Der Risikofaktor Mensch wird zunehmend eliminiert. In Zukunft wird es wohl nur mehr eine Handvoll Fahrer brauchen.
Erfahrung und die Freude am Job
Bis dahin sollte der Fahrer eine wertschätzende Zuneigung bekommen. Von Firmen, Speditionen und Kunden. Mich reizt die Straße und das Fahren. Mein Vorteil, ich muss durch meine Ausbildung nicht unbedingt fahren. Viele LKW Fahrer haben diese Wahl zwischen Fahren oder Büro weniger. Der Alltag als Fahrer ist und bleibt herausfordernd. Die gemachten Erfahrungen und Erlebnisse sind unbezahlbar. Gerade deshalb halte ich an meinem LKW – Schein fest.
Wie geht es dir mit dieser Thematik? Was spricht für oder gegen das Fahren mit einem LKW? Weshalb hast du keine Lust mehr, im Transportwesen zu sein? Geht es dir wie mir? Du möchtest noch einmal als Fahrer aktiv werden? Schreibe mir ein Kommentar…!
Bild von CopyrightFreePictures auf Pixabay