Kannst du dich noch daran erinnern? Volvo hatte uns vor Jahren mit einer leistungsstarken Maschine von 750 PS überrascht. So manchen eingefleischten SCANIA Fahrer hat diese Tatsache das Gemüt verschlagen. Ist mit 750 PS tatsächlich der Zenit an Pferdestärken erreicht? Was haben sich damals die SCANIA Entwickler wohl gedacht? Der „König der Straßen“ ließ zumindest lange nichts von sich hören.
Es war ja irgendwie zu erwarten, dass da noch etwas kommen muss. In diesem Jahr war es soweit, der König hat sich seine Krone durch 770 PS V8 zurück geholt. Die ersten Informationen erreichten mich über die sozialen Medien. SCANIA hat den serienmäßig stärkster LKW auf die Straße gebracht. Ich musste zweimal hinschauen, ob meine Gehirnzellen die Angaben auch richtig vernommen hatten.
Lassen 770 V8 dein Herz höher schlagen?
Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, dass ich diesen Motor alsbald in Erfahrung bringen werde. Wie das Leben so spielt bekam ich über „Traktuell“ eine Einladung zur Testfahrt. Bei diesem Angebot musste ich nicht lange überlegen. Ich hab´s einfach angenommen. Der Testtermin mit dem stärksten Serientruck der Welt stand somit fest. Die Vorfreude war riesig. Viele Gedanken schossen durch meinen Kopf. Wie wird sich das Anfahren anfühlen, welchen Sound hat der Motor, wie zieht der SCANIA 770 V8 über die Steigung? Kann damit auch Sprit gespart werden?
Ich konnte den angekündigten Testzug schon von weitem am vereinbarten Parkplatz erkennen. Die weiß lackierte Dreiachser – Chassis war mit einem Kofferaufbau versehen. Die hintere Achse ist Lenkbar und kann zusätzlich geliftet werden. Der Kofferaufbau ist, wie meist in Schweden üblich, auch seitlich zu öffnen. Dahinter folgt ein unüblich eingesetzter 3-Achs-Drehschemel-Anhänger mit WAP Aufbau. Der gesamte Aufbau steht somit auf sechs Achsen und dominiert an den Seitenwänden mit einem großen Schriftzug und einem „dezenten Hinweis“ auf die Zahl 770. Die Fahrerkabine ist für den Betrachter unauffällig und lässt im ersten Blick auf nichts Besonderes erahnen. Erst der Schriftzug an der Front gibt den klaren Unterschied an. Die Kürzel „V8 770 S“ sagen alles, was ein Insider wissen muss.
Scania 770 V8, größer ist besser?
Aber jetzt geht’s los. Ich darf die Kabine in Besitz nehmen. Über vier Treppen geht es sportlich in die Fahrerkabine hoch. Der Fahrerplatz fühlt sich königlich an. Der Innenraum ist wie Gewohnt, mit hochwertigen Materialien verarbeitet. Der Rundumblick eines LKWs ist in dieser Höhe immer wieder fantastisch. Durch den flachen Boden ohne Motortunnel wird echt viel Stehhöhe angeboten.
Viele Schalter sind mir aus alten Fahrertagen vertraut. Einiges ist natürlich auch für mich neu. Zum Glück ist Rene´Seckler von SCANIA dabei und kann mit seinem detaillierten Wissen schnell Abhilfe schaffen. Schlüssel an, kurz drehen und die Zündung gibt das Feuer an die acht Zylinder frei. Unglaublich, wie dieser Motor am Stand schnurrt. Beim Anfahren löst sich die elektronische Bremse von selbst. Der Motor nimmt souverän die Fahrt auf und lässt sich im Drehzahlbereich ersichtlich, gar nicht stressen. Ich bin heute zwar der Fahrer, aber das Automatikgetriebe scheint mit dem leistungsstarken Motor schon mal das eingespieltere Team zu sein.
Die ersten Kurven an der Autobahnauffahrt können durch die lenkbare Hinterachse eng angefahren werden. Der Anhänger rollt einfach problemlos nach. Am Beschleunigungsstreifen gibt mir Rene´ die Anweisung, ruhig mal das Pedal durchzutreten. Ui, da tut sich wirklich was. Die vierzig Tonnen werden ungewohnt rasch auf Tempo gebracht. Kaum zu glauben, dass in diesem Moment vierzig Tonnen geladen sind. Aufgrund des Leistungsstarken Motors schaltet das Getriebe rasch auf den unteren Drehzahlbereich.
Achtung, hier lauert Gefahr
Mit 3.700 Newtonmeter Drehmoment wird die Fahrtgeschwindigkeit mit voller Ausladung schnell erreicht. Der Motor spielt sich mit dem Gesamtgewicht und fühlt sich mit dieser Ladung eher etwas unterfordert an. Die nächste Steigung an der A21 wird zeigen, wie sich die 770 Pferdestärken bewähren. Ich wechsle von der ersten auf die zweite Fahrbahn. Der SCANIA 770 V8 fährt die Steigung zügig an und verliert dabei kaum an Geschwindigkeit. Ich ziehe mit diesen Schweden an einer Menge LKWs vorbei. An derselben Stelle war es mir vor Jahren nur mit 7 Tonnen Styropor möglich. Als Fahrer sind diese 40 Tonnen echt nicht zu spüren. Das lässt mich fast vergessen, schwere Ladung zu transportieren. Auch Bergab wirken die elektronischen Helferlein gegen das Überhitzen der Bremsen. Der Retarder hält die eingegebene Geschwindigkeit und verleiht mir als Fahrer eine optimale Sicherheit.
Wenn die Wegstrecke zu kurz wird
Wir machen leider schon bei der nächsten Ausfahrt eine Kehrtwende. Hier besteht für mich noch einmal die Möglichkeit, den Berg retour zu testen. Das optimale Zusammenspiel von Elektronik und Verbrennungsmotor lassen die Freude spüren und setzen ein tiefes Grinsen auf. Dieser Motor weckt bei mir tatsächlich Emotionen. Der Testausflug war für mich persönlich definitiv zu kurz geraten. Meine Freude und die Begeisterung haben dafür noch Tage angehalten. Ich habe keine Ahnung, was alles an den 70 Teilen am Motor verändert und optimiert wurde. Aber eines wurde mir an diesem Tag klar.
Wer benötigt schon einen starken Motor?
Den Ingeneur_innen ist dieser V8 Motor spürbar am Herzen gelegen. Die Power läuft ohne komplizierte Abgasrückführung. Für die Euro 6+ Norm bleibt aber die AdBlue® Technologie derzeit unverzichtbar. Machst du dich jetzt über den Verbrauch Gedanken? Keine Sorge, zu diesem Thema wurde ebenfalls die Optimierungsschraube angesetzt.
Aber jetzt mal die Frage. Wer kann diesen serienmäßig stärksten LKW 770 V8 tatsächlich im Fuhrpark brauchen? Menschen, welche Leistungsstärke wollen, sowie Abgas- und Verbrauchsoptimiert denken. Die Schwerlastbranche kommt mit diesem Modell auf jeden Fall auf ihre Kosten. Unternehmer, welche täglich viel Gewicht transportieren und im unwegsamen Gelände unterwegs sind. Oder Aufträge, die mit vielen steilen Bergstraßen und Gewicht provozieren. Aber vielleicht auch nur deshalb, weil man ein großer SCANIA-Fan von 770 V8 ist und der LKW bei dir Emotionen auslöst. Wie auch immer, der „King of the Road“ ist erst mal für viele Herzen zurück…
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