Wie komme ich zu Schulden?

In meiner täglichen Arbeit als Sozialarbeiter begegne ich Menschen mit den unterschiedlichsten Belastungen. Eine davon sind Schuldenbelastungen. Aber was sind Schulden und wo fangen Schulden eigentlich an? Sind ausgeborgte Geldbeträge von meinem besten Freund und ein Überziehungsrahmen am Girokonto auch Schulden? Wie mache ich einen Privatkonkurs?

So wie die Höhe an Schulden sind auch die Entstehung von Schulden unterschiedlich. Die wenigsten Menschen machen bewusst Schulden. Oftmals kommt aufgrund äußere Einflüsse Schulden zu Stande. Z.B.: Ein Unfall, ein Arbeitsverlust, Strafzahlungen, Unterhaltszahlungen, Mieterhöhungen, Anschaffung notwendiger Elektrogeräte, Schulgeld, etc…

Nicht selten bürgt man für einen besten Freund oder Ehepartner und wird bei Zahlungsverzug zur Kasse gebeten. Bei nicht einbringen wird schnell der Lohn gepfändet. Aufgrund der höheren Kosten und oftmals Überforderung von kleinen Lohnbüros oder negativen Haltung des Unternehmens werden Dienstverhältnisse von Arbeitgebern rasch beendet.

Oftmals passiert auch, und da nehme ich mich auch nicht aus, dass der Konsumwunsch größer als das finanzielle Budget ist. Gerne wird auf ein Leasing oder auf eine Ratenzahlung zurückgegriffen. Die daraus entstehenden Mehrkosten eines erworbenen Produktes werden selten durchgerechnet und verglichen. Der Handel macht es dem Konsumenten leicht. Eine neue Küche im Wert von €4000.- ist mit einem Normalgehalt schwer anzusparen. Für die selbe Küche eine Ratenzahlung von €129.-mtl scheint im ersten Moment leistbar.

Bei genauem hinsehen des kleingedruckten Vertrages hat der Konsument eventuell eine Anzahlung zu leisten, eine gebundene Laufzeit von mindestens drei Jahren und mit einer Verzinsung und Arbeitsgebühr zu rechnen. Alles in allem muss der Kunde für die Küche mehr als im Barkauf bezahlen. Den Mehrwert muss der Konsument entweder durch mehr Überstunden oder durch einen persönlichen Verzicht ausgleichen. Eine Laufzeit von mindestens drei Jahren bindet und macht den Konsumenten in dieser Zeit unflexibel. Sollten in dieser Zeit unvorhergesehene Zahlungen eintreffen, sprengt diese Situation nicht selten das Haushaltsbudget.

Welche Schritte können bei  Zahlungsunfähigkeit gesetzt werden?

Auf jeden Fall ist es sinnvoll mit den Firmen in Kontakt zu treten und eine gemeinsame Lösung suchen. Bei kleinen Beträgen kann ein Zahlungsaufschub oder eine Ratenzahlung angeboten werden. Bei einer Vielzahl an offenen Rechnungen ist es angebracht, eine Adressenliste anzulegen. Wo habe ich überall Schulden und offene Rechnungen, wie hoch sind die Schulden und was wurde vereinbart sind schriftlich festzuhalten. Dadurch ergibt sich sehr rasch ein Überblick.

Erste Schritte:

1. Identifizierung deiner gefährlichen Schulden
2. Existenzsicherung hat Vorrang

Zu 1. Gefährliche Schulden sind Zahlungsverpflichtungen die bei Nichteinhaltung deine Existenz unmittelbar bedrohen und auch zu Haftstrafen führen können. Daher ist in diesem Fall sofort schriftlich oder eine persönliche Kontaktaufnahme mit den zuständigen Behörden oder Gläubigern aufzunehmen. In diesem Fall kann die derzeitige soziale und wirtschaftliche Situation vorgebracht und mit der Bitte einer Rückzahlungsvereinbarung Entspannung schaffen.

Bei Mietrückstände droht eine Delogierung und der Verlust einer existentiellen Lebensgrundlage.

Bei Energiekosten wie Strom, Gas und Fernwärme kann es vom versorgenden Unternehmen zu einer Liefersperre kommen. Bei Bezug einer neuen Wohnung kann es bei Energierückständen zu einer Vereitelung führen.

Bei Alimente liegt rasch eine Verletzung der Unterhaltspflicht vor, wenn diese schuldhaft durch Zahlungsverzug verletzt werden. Wer diese grob verletzt kann zumindest in Österreich (Deutschland und Schweiz kenne ich die Situation nicht) durch eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten bestraft werden.

5 Dinge, die bei Zahlung von Alimente beachtet werden soll

1. Bei Alimente für Ex- Ehegatten/innen ist eine neue Vereinbarung zu treffen
2. Bei Alimente von Kindern ist ein Antrag auf Herabsetzung bei einem Bezirksgericht einzubringen
3. Bis die Entscheidung vom Bezirksgericht beschieden wird, kann es Monate dauern. In der Zwischenzeit soll der Unterhalt weiter in der Höhe bezahlt werden der finanziell leistbar ist. Zugleich ist das Jugendamt und der Elternteil bei dem das Kind lebt über deinen Herabsetzungsantrag zu informieren.
4. Bei einem bereit bestehenden Unterhaltsrückstand sollte unverzüglich mit dem Jugendamt oder Elternteil eine Ratenvereinbarung getroffen werden.
5. Sofern keine Ratenzahlung angeboten werden kann, soll eine Stundung für den derzeitigen Rückstand vereinbart werden. Die laufenden Alimente müssen aber dann wieder pünktlich bezahlt werden.

Bei Strafen ist im Gegensatz zu anderen Schulden bei Nichteinbringung mit einer Ersatzfreiheitsstrafe zu rechnen. ein Teilnachlass ist im Rahmen eines Privatkonkursverfahren nicht möglich. Daher ist bei Strafen die Dringlichkeit einer der Rückzahlung vorrangig zu behandeln. Bei einem Kontoüberzug soll umgehend das Kreditinstitut aufgesucht und ein persönliches Gespräch mit dem/der BankberaterIn gemacht werden. Sollte das Kreditinstitut keine Vereinbarung zustimmen, sollte das Konto gewechselt und auf Habenbasis eröffnet werden. In Österreich gibt es auch dazu eine sogenannte „2. Sparkassenkonto“.

Existenzsicherung hat Vorrang

Zu 2.: Eine rasche und unmittelbare Schuldenregulierung ist meist nicht möglich. Daher sind zuerst alle Unterstützungsmöglichkeiten zu nützen. Erst nachdem gewährleistet ist, dass es für alle existenzbedrohenden Forderungen Vereinbarungen mit den Gläubigern gibt, kann an eine Schuldenregulierung gedacht werden.

Was kann für eine Schudenregulierung gemacht werden?

Erstelle eine Gläubigerliste und sammle alle Schreiben von Gläubigern. Für alle aktuellen Gläubiger bekommt man einen sogenannten Exekutionsregisterauszug vom Bezirksgericht und dem Kreditschutzverband (KSV) persönlich ausgehändig oder personalisiert zugesendet.

Erstelle deine Einnahmen und Ausgaben Übersicht

Überprüfe deine Ausgaben nach Einsparungspotential (Sparformen, Lebensversicherungen ruhend stellen, variable Kosten Lebensmittel, Kleidung, zweite Auto, etc…)

Die Schuldenregulierung

Es gibt die Form einer außergerichtlichen und der gerichtlichen Schuldenregulierung. Das Ziel beider Varianten ist eine generelle Entschuldung. Für das außergerichtliche Verfahren wird die Zustimmung aller Gläubiger nötig. Je weniger Gläubiger, umso leichter und auch kürzere Laufzeit für die Ratenzahlungen. Auf jeden Fall ist mit Zinszahlungen zu rechnen. Die Voraussetzung für eine haltbare Ratenvereinbarung ist ein gut durchdachter Haushaltsplan. Ein finanzieller Spielraum sollte dabei noch vorhanden sein.

Sofern die vereinbarte Ratenzahlung nicht geleistet werden kann, sollte eine entsprechende Änderung der Ratenzahlung bemüht werden. Wie bereits erwähnt, kann auch an eine Stundung gedacht werden. Dabei darf nicht übersehen werden, dass sich die Laufzeit der Gesamtbelastung erheblich erhöht und in die Länge zieht.

Das Instrument einer Umschuldung ist nur möglich, wenn ein durchdachtes, langfristig Haushalts und Zahlungsplan vorliegt. Bei hoch verzinsten und/oder hoher Gläubigerzahl kann eine Umschuldung zweckmäßig sein. An der höhe deines Schuldenberges ändert das aber nichts.

Bei der Umschuldung ist folgendes zu achten!

Vorsicht vor Bürgschaften

Sofern eine Rückzahlungsvereinbarung nicht eingehalten werden kann, wird oftmals von Banken eine weitere Person (ein bester Freund, PartnerIn,…) in das Schuldenproblem hineingezogen.

Vorsicht vor Spesen

Bei manchen Krediten kann der alte Kreditgeber bei vorzeitiger Bezahlung erhebliche Zusatzzinsen und –Spesen verrechnen.

Vorsicht vor Kredithaien

Viele Umschuldungsangebote von Kreditvermittlern sind reine Lockangebote. Bei den meisten Krediten ist eine Provision von5% Bruttokreditsumme keine Seltenheit. Das bedeutet bei z.B. €10000.- Kreditaufnahme allein €500.- an Provisionskosten. Die Zinsen noch nicht mitberücksichtigt!

Da erschaffen andere Geld aus dem Nichts und der Kreditnehmer musst dafür hart arbeiten. Nicht unbedingt fair, oder?

Außergerichtlicher Ausgleich

Wenn langfristig keine Verbesserung in Aussicht ist, bietet sich ein außergerichtlicher Vergleich an. Im erfolgreichen außergerichtlichen Ausgleich verzichten deine Gläubiger freiwillig auf einen Teil der Forderungen. Der Schuldner/die Schuldnerin bezahlt die vereinbarte Quote entweder sofort oder in Raten und wird dafür von der restlichen Schuld befreit. Hierbei verlieren die Exekutionstitel ihre Gültigkeit. Ein großer Vorteil, finde ich!

Gerichtliche Schuldenregulierung (besser unter dem sogenannten Privatkonkurs bekannt)

Der umgangssprachliche Ausdruck „Privatkonkurs“ wird im Gesetz als „Schuldenregulierungsverfahren“ bezeichnet. Die Grundidee des Privatkonkurses ist , dass Schuldner über einen Zeitraum von meist sieben Jahren leistbare Beträge zurückbezahlen. In dieser Zeit soll eine bescheidene, aber menschenwürdige Lebensführung möglich bleiben. Bei Einhaltung der vereinbarten Zahlungen ist der Schuldner/die Schuldnerin wieder schuldenfrei und die Gläubiger einen Teil der offenen Schulden zurück. Hierbei soll für den Betroffenen eine realistische Chance und Motivation auf einen wirtschaftlichen Neubeginn gegeben werden.

In diesem Privatkonkurs wird der Schuldner/die Schuldnerin über die Schuldenberatung unterstützt und begleitet. Das Angebot ist zumindest in Österreich kostenlos.

Was sind die 9 Grundvoraussetzungen für einen Privatkonkurs?

Zahlungsunfähigkeit

Regelmäßiges Einkommen

Gesicherte Wohnsituation

Deckung der laufenden Fixkosten

Ausgaben im Griff

Vollständige Liste aller Gläubiger

Keine neuen Schulden

Den Gläubigern muss monatlich eine bestimmte Betrag zur Verfügung gestellt werden. Dem Gericht muss der Nachweis gebracht werden.

Das Verfahren auf „Privatkonkurs“ wird in der Regel auf Antrag des Schuldners/der Schuldnerin gestellt.

Im Zweifelsfall kann man sich an die nächstgelegene Beratungsstelle für Frauen oder Männer wenden. Ein Termin bei der Schuldenberatung lohnt sich auf jeden Fall.